Was ist eine Hyperventilation?

Eine Hyperventilation ist ein zu schnelles, zu tiefes Atmen, welches häufig in Angstsituationen bzw. Paniksituationen auftritt. Was umgangssprachlich als Panikattacken bezeichnet wird, ist quasi nichts anderes als eine akute Hyperventilation. Beim hyperventilieren nimmt der Kohlenstoffdioxid-Wert (CO2) im Blut ab. Außerdem steigt der pH-Wert im Blut an (sog. Respiratorische Alkalose).

Die akute Hyperventilation tritt anfallsartig auf. Unvermittelt spürt man plötzlich körperliche Symptome wie Atemnot, Schwindel (meist Drehschwindel), Benommenheit, Zittrige Knie und vor allem das Gefühl demnächst in Ohnmacht zu fallen bzw. umzukippen. Häufig fährt ein enorm bedrohlich empfundenes Angstgefühl bzw. schwer zu beschreibende Impulse durch den Körper. Der ganze Spuk dauert oft wenige Sekunden bis mehrere Minuten. Danach klingen die Symptome ab. Zurück bleibt bei den Betroffenen aber eine enorme Angst. Vor allem beim ersten Anfall fragt man sich:

  • Was passiert hier gerade mit mir?
  • Fühlt sich so ein Schlaganfall an?
  • Habe ich einen Herzinfarkt?
  • Werde ich jetzt sterben?

Wer noch nie eine Panikattacke erlebt hat, kann sich dieses Gefühl schwer vorstellen. Man verliert die komplette Kontrolle über den Körper und denkt : „Jetzt gehen die Lichter aus“. Viele Betroffene landen danach in der Notaufnahme eines Krankenhauses und werden oft hinsichtlich Schlaganfall, Multiple Sklerose etc. untersucht.

Die Angst vor der nächsten Attacke ist so groß, dass dies häufig der Beginn einer ausgeprägten Angststörung ist. Und in vielen Fällen kommt die nächste Panikattacke auch, was die Angst dann zusätzlich steigert.

Was tun bei einer akuten Hyperventilation / Panikattacke?

Der Schlüssel ist deine Atmung. Ein bewährter Trick ist die Mitführung einer Tüte. Sobald die ersten Symptome einsetzen, atmest Du in eine Tüte aus (z.B. Plastiktüte oder die dichten Papiertüten, die man von Bäcker kennt) und auch wieder ein. Dies führt dazu, dass Du mehr Kohlenstoffdioxid einatmest (da dieses in deiner Ausatemluft in der Tüte in erhöhter Konzentration vorkommt). Die Tüte über Mund und Nase halten, so dass alles schön dicht ist. Die Symptome klingen dann schneller ab.

Wichtig ist es auch Ruhe zu bewahren. Man kann sich auch ablenken, indem man an bestimmte, idealerweise lustige Situationen denkt. Das Gehirn wird so überlistet. Natürlich ist das leichter gesagt als getan, aber mit etwas Übung und der Kenntnis, dass es "nur mal wieder ein Streich Deines Unterbewusstseins ist" und es "nicht gefährlich" ist, bekommt man die Symptome schneller in den Griff. Wenn Du keine Tüte dabei hast, versuche langsamer zu atmen mit längeren Pausen zwischen der Ein- und Ausatmung. Über die Nase ein und über die Nase aus. Über den Bauch bzw. Zwerchfell (sog. Zwerchfell-Atmung) und nicht über die Brust.

Was ist eine chronische Hyperventilation?

Bei der chronischen Hyperventilation ist der Kohlenstoffdioxid-Wert (CO2) im Blut dauerhaft zu niedrig – es wird also zu viel CO2 abgeatmet. Dies führt zu einer Vielzahl an oft unerklärlichen Symptomen. Auch hier steigt der pH-Wert im Blut an. Es kommt zu Minderversorgungen, bestimmte Nährstoffe werden nicht mehr korrekt verarbeitet (obwohl kein Mangel lt. Blutanalyse vorliegt), Muskelverspannungen treten sehr schnell auf. Vor allem die Muskeln im HWS-Bereich und im Kiefer-Bereich verspannen sehr schnell, weshalb viele Betroffene fälschlicherweise annehmen, die Ursache liege in der HWS bzw. beim Kiefer.

Betroffene bemerken im Gegensatz zur akuten Hyperventilation oft nicht direkt, dass sie an einer chronischen Hyperventilation leiden. Häufig ist die chronische Hyperventilation quasi ein Überbleibsel einer initialen akuten Hyperventilation bzw. Panikattacke. Ein initiales Stressereignis bzw. eine Kampf- oder Flucht-Reaktion ist nicht selten der Ausgangspunkt. Auch über längere Zeit angesammelter Stress kann in eine solche initiale Attacke münden. Der Körper gibt einem das Signal: „Stopp, es ist jetzt zu viel“.

Chronische Hyperventilation Symptome

Chronische Hyperventilation - Symptome
Chronische Hyperventilation – viele diffuse Symptome

Bei der chronischen Hyperventilation können unter anderem folgende Symptome auftreten:

  • Benommenheit (wie auf Wolken, Watte im Kopf, betrunken)
  • Schwindel (häufig Schwankschwindel bzw. Benommenheitsschwindel)
  • Kribbeln (Ameisenlaufen) und Zittern sowie Taubheitsgefühle
  • Muskelzuckungen (Faszikulationen)
  • Muskelschmerzen und Muskelverspannungen, vor allem in HWS/Nacken, Kiefer und Rücken
  • Müdigkeit und Schwäche, vor allem schwache Beine
  • Gefühl umzukippen, Gangunsicherheit
  • Häufiges Gähnen, das Gefühl nicht genügend Luft zu bekommen
  • Angst und Panik
  • Sehstörungen
  • Erhöhte Reizbarkeit
  • Konzentrationsstörungen, das Gefühl es ist irgendwie alles zu viel
  • Verdauungsprobleme (z.B. Reizdarm)
  • Häufiges Wasser lassen (Reizblase)
  • schnelles Schwitzen, kalte Füße und Hände
  • uvm.

Die Symptome sind nicht immer präsent und wechseln sich häufig ab. Manche verschwinden, andere kommen hinzu. Viele Betroffene spüren eine Verbesserung am Morgen und eine Verschlechterung über den Tag. Stress, Anspannung und Ängste verschlechtern die Symptome innerhalb von Sekunden. So kann es sein, dass es einem noch relativ gut geht und plötzlich setzt wieder die Benommenheit ein und das Gefühl als kippt man demnächst um. Entspannung, Sport, Ablenkung sowie Alkohol verbessern die Symptome oft.

Viele der Symptome treten auch bei Erkrankungen wie Depression, Angststörungen und Burnout sowie HWS-Syndrom oder CMD auf, weshalb viele Betroffene viele unterschiedliche Diagnosen erhalten. Dass es mit einer chronisch falschen Atmung zusammenhängt, wird leider oft viel zu spät oder gar nicht bemerkt.

Welche Ärzte diagnostizieren das chronische Hyperventilationssyndrom?

Viele Lungenfachärzte/Pneumologen sind damit vertraut. Allerdings scheint dieses Syndrom bei vielen Ärzten noch nicht richtig angekommen zu sein. Viele können damit nichts anfangen oder schieben die Symptome rein auf die Psyche (die Psyche ist sicherlich beteiligt, aber nicht immer alleinige Ursache). Es gibt auch einige auf Schwindel spezialisierte Ärzte wie Dr. Weiss in Mannheim, die eine chronische Hyperventilation diagnostizieren können und behandeln. Man kann aber auch selber viel tun, um die Symptome einzudämmen. Im Schwindelhelfer Buch gehen wir auf die unserer Meinung nach wichtigsten Bereiche ein.

Untersuchung bei Chronischer Hyperventilation – Wie stellt der Arzt die Diagnose?

Über eine Atemgasanalyse kann die Konzentration von Kohlenstoffdioxid in der Ausatemluft untersucht werden. Hierbei wird mit einem Kapnometer gemessen, wie sich die Konzentration bei Ruhe und nach Anstrengung verhält. Bei einigen Ärzten muss man dazu schnell einige Treppen hoch und runter rennen (was vielen Betroffenen gar nicht so leicht fällt). Der Arzt kann dann anhand der Daten und der Verschiebung der Werte schon erkennen, ob eine chronische Hyperventilation vorliegt. Man kann auch mit einem Selbsttest herausfinden, ob eine Problematik vorliegt. Wenn du Schwierigkeiten hast, mind. 25 Sekunden die Luft anzuhalten und außerdem die oben aufgeführten Symptome wie z.B. häufiges Gähnen und Atemnot hast, ist eine Problematik sehr wahrscheinlich. Die Atemgasanalyse bringt dann die Bestätigung.

Chronische Hyperventilation & Schwindel

Kann eine chronische Hyperventilation Schwindelgefühle und Benommenheit auslösen? Klare Antwort: Ja! Man kann, auch wenn man nicht unter einer chronischen Hyperventilation leidet, dieses Benommenheitsgefühl selber auslösen, indem man z.B. sehr schnell über einen gewisse Zeit atmet und nicht ganz ausatmet. Diese absichtliche Hyperventilation wurde auch durch den Holländer Wim Hof bekannt, welcher sie in seiner Atemtechnik verwendet (siehe Atemübungen).

Schwindelgefühle und Benommenheit sind also häufig Bestandteil der Problematik. Ein Phobischer Schwankschwindel liegt in vielen Fällen ebenfalls vor. Aus diesem Grund reicht es meist nicht aus, nur die Atemproblematik in den Griff zu bekommen. Man muss auch direkt etwas gegen den phobischen Schwankschwindel tun.

Therapie: Chronische Hyperventilation behandeln – Was tun?

Chronische Hyperventilation Therapie
Chronische Hyperventilation Therapie: Entspannungstechniken

Wenn Du die Diagnose Chronische Hyperventilation erhalten hast, stellt sich natürlich die Frage: Was tun? Da es sich um eine Atemstörung handelt, muss auch primär bei der Atmung angesetzt werden. Dies alleine reicht aber oft nicht aus, da durch die Attacken, Schwindelgefühle und Symptome meist eine ausgeprägte Angst vorliegt, die es zu beseitigen gilt. Wir haben die wichtigsten Bereiche dazu im Buch sowie im Newsletter zusammengestellt. Konkret geht es um:

  • Atmung
  • Mikronährstoffe
  • Entspannung
  • Bewegung
  • Übungen
  • Einstellung & Ziele
  • Selbstbewusstsein & Soziale Kontakte

Chronische Hyperventilation Atemübungen

Neben den oben genannten Informationsquellen solltest Du dir unbedingt eine App holen, die dich bei Atemübungen unterstützt. Wir haben in diesem Video einige Möglichkeiten vorgestellt:

Im Bereich Atmung gehen wir auf die Buteyko-Methode ein, die Du anwenden kannst und die wir empfehlen. Entspannungsübungen wie Yoga Nidra sind ebenfalls hilfreich*. Der CO2-Spiegel kann auch über Atemmasken* wieder erhöht werden:

Yoga Nidra

Beschäftige Dich intensiv mit der Zwerchfellatmung.

Zwerchfellatmung anstatt Brustatmung

Das Zwerchfell ist ein kuppelförmiger Muskel unter der Lunge. Wenn Du atmest hebt und senkt sich das Zwerchfell. Beim Einatmen wird das Zwerchfell nach unten gedrückt und der Magen kommt nach oben. Die Lunge dehnt sich und versorgt das Blut mit Sauerstoff. Beim Ausatmen kommt das Zwerchfell nach oben und die Luft wird aus den Lungen herausgedrückt, so dass der Bauch wieder einsinken kann.

Bei der Brustatmung atmest Du schnell und flach. Das Blut bekommt weniger Sauerstoff, da die Lunge nicht vollständig ausgedehnt wird. Es fehlen so auch Nährstoffe. Der Körper kommt in einen Alarmzustand, da er Blut und Gewebe nicht ausreichend versorgen kann. Er bleibt in diesem Alarmzustand, bist die Problematik behoben ist – dies ist auch einer der Gründe warum Du dich bei Entspannungsübungen mit bewusstem, korrektem Atmen, besser fühlst.
Bei der korrekten und natürlichen Zwerchfellatmung (auch Bauchatmung genannt) kommt der Körper in einen Entspannungszustand, da das Blut ausreichend Sauerstoff erhält und der Köper mit ausreichend Nährstoffe versorgt ist.

Als Baby atmet man mit dem Zwerchfell. Auch im Schlaf atmet man meist mit dem Zwerchfell – ein möglicher Grund warum es vielen am Morgen nach dem Aufstehen noch besser geht, da die Reserven über Nacht aufgefüllt wurden. Leider führt dann die falsche, schnelle Brustatmung tagsüber zu einer Zunahme der Problematik. Hat man einen anstrengenden Arbeitstag hinter sich, atmet man wieder langsamer und viele Symptome werden daher spät abends oft besser.

Eine weitere Möglichkeit ist die Power-Atmung von Wim Hof:

Achtung: Die Atemtechnik immer in einer sicheren Umgebung durchführen (Couch oder Boden) und niemals beim Fahren, Tauchen oder Schwimmen sowie Aktivitäten, bei denen es gefährlich wäre, das Bewusstsein zu verlieren.

„Wenn du deinen Atem kontrollieren kannst, kannst du auch deinen Verstand kontrollieren.“

So funktioniert die Power-Atmung:

  1. Aufwärmen: Relaxte Position einnehmen und 15 x tief ein- und ausatmen. Die Luft nach jedem Atemzug anhalten.
  2. 30-40 Power-Atemzüge: Tief durch die Nase einatmen und durch den Mund loslassen OHNE ganz auszuatmen. Schnelles Tempo mit einatmen durch den Bauch.
  3. Ruhephase: Nach dem letzten Power-Atemzug versuchst Du 1-3 Minuten die Luft anzuhalten. Spüre wie der inhalierte Sauerstoff sich durch den ganzen Körper verteilt.
  4. Tief einatmen und Luft für 10-15 Sekunden anhalten: Sobald der Lufthunger wieder einsetzt, nimmst Du einen tiefen Atemzug und hältst die Luft für 10-15 Sekunden.
  5. Durchgang 3-4 mal wiederholen: Der 1. Durchgang ist hiermit abgeschlossen. Wim Hof empfiehlt 3-4 Durchgänge direkt morgens bei nüchternem Magen.

Anwender der Atemtechnik berichten immer wieder von erstaunlichen Ergebnissen: Körperliche Leiden werden reduziert oder verschwinden ganz. Depressionen und Burnout werden bekämpft, Ängste werden aufgelöst. Gerade wenn Du an Angstschwindel bzw. einer chronischen Hyperventilation leidest, häufig unbegründet Angst hast oder an nicht erklärbaren körperlichen Symptomen leidest, könnte diese Atemtechnik für Dich interessant sein. Wenn Du diese noch mit den vorgestellten Kälteanwendungen kombinierst ergibt sich oft ein erstaunliches Potential. Mehr dazu findest Du im Buch von Wim Hof „Nie wieder krank: Gesund, stark und leistungsfähig durch die Kraft der Kälte“:

Nie wieder krank: Gesund, stark und leistungsfähig durch die Kraft der Kälte

Chronische Hyperventilation Erfahrungen & Forum

Wir haben eine Selbsthilfegruppe auf Facebook, bei der es Diskussionen, Erfahrungsberichte und Tipps zu chronischer Hyperventilation und phobischem Schwankschwindel gibt. In dem Forum geht es zwar primär um Schwindel und Benommenheit, aber auch andere Symptome dieses Krankheitsbildes werden behandelt. Du kannst die geschlossene Gruppe hier erreichen: